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11                                   Anhang 1: Voraussetzungen zum Weiterbetrieb deutscher Reaktoren

11.1                              Vorbemerkung

Jede Nachrüstmaßnahme an bestehenden Kernkraftwerken hat zwei große Nachteile:

1) Erhebliche Kosten

2) Eingriff in das bestehende integrale Sicherheitskonzept

Es werden deshalb nur Forderungen erhoben, die als unabdingbar erachtet werden. Die Lösungsvorschläge sind bezahlbar und passen in das integrale Sicherheitskonzept der vorhandenen Anlagen.

11.2                              Schutz gegen den Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs

Natürlich könnte man sich zurücklehnen und sagen, dass es in Deutschland keine Tsunamis gibt und dass es deshalb aus dem Unglück nichts zu lernen gibt. Aber dann macht man es sich zu einfach. In Deutschland gibt es zwar keine Tsunamis, dafür aber andere mindestens genauso gefährliche externe Bedrohungen für die Atomkraftwerke, gegen die diese nicht ausreichend geschützt sind: Der gezielte Absturz eines Verkehrsflugzeuges auf ein Atomkraftwerk.

Seit dem Terror-Anschlag auf die Zwillingstürme des World Trade Center und das Pentagon am 11. September 2001 ist es offensichtlich, dass der gezielte Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs auf ein Atomkraftwerk nicht ausgeschlossen werden kann und deshalb zu den Äußeren Einwirkungen (external hazards) gehört, gegen die das Atomkraftwerk geschützt werden muss.

Damit gehört der Lastfall "Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs (z.B. Boeing 747 oder Airbus A380 = 400 to Gewicht und 200 m/s Aufschlagsgeschwindigkeit) zu den Lastfällen, gegen die das Atomkraftwerk ausgelegt sein muss.

Da eine direkte Nachrüstung des äußeren Containments, das als Flugzeugabsturzsicherung dient und gegen ein militärisches Kampfflugzeug wie eine F4 Phantom ausreichend ausgelegt ist, nicht möglich ist, muss man andere Lösungen finden.

Am überzeugendsten ist der Vorschlag von Prof.Dr.Ing. Dr.Ing E.h.mult Josef Eibl, „Airplane Impact on Nuclear Power plants“ (http://www.iasmirt.org/SMiRT17/J03-6.pdf), da es sich hier um ein passives Sicherheitssystem handelt, das nicht aktiviert werden muss, wartungsfrei ist und auch noch zusätzliche Vorteile bietet.

Der Grundgedanke dieses Konzepts beruht auf der Tatsache, das große Verkehrsflugzeug nicht wie Kampfflugzeuge beliebige Manöver fliegen können sondern ein recht behäbiges Flugverhalten haben.

Dazu gehört auch, dass sie nicht beliebig steil nach unten im Sinkflug fliegen können sondern nur mit einem maximalen Sinkwinkel von 15°. Versuchen sie schneller zu sinken, erhöht sich ihre Geschwindigkeit und damit der Auftrieb, so dass sie wieder ansteigen. Die Filmaufnahmen des Einschlags in die Zwillingstürme des World Trade Centers zeigen diesen einzig möglichen fast waagerechten Anflug.

Würde man um die Kernkraftwerke in ausreichendem Abstand eine Mauer errichten, die so hoch ist, dass das Verkehrsflugzeug im Sinkflug das Atomkraftwerk nicht erreichen kann, dann wäre das der perfekte Schutz gegen den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeuges.

Die technischen Anforderungen an diese Mauer sind nicht besonders groß; Hauptsache viel Gewicht und soweit vom Atomkraftwerk entfernt, dass der Einsturz der Mauer das Atomkraftwerk nicht gefährdet. Es ist kein Problem, wenn die Mauer schwer beschädigt wird, wichtig ist nur, dass das Flugzeug gestoppt wird. Beim Aufprall auf die Mauer wird das Flugzeug in kleinste Teile zerrissen und auch die großen Mengen Treibstoff gelangen nicht bis zum Atomkraftwerk.

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Wenn man die Mauer aus Fertigelementen baut, sind die Kosten dieser Mauer bezahlbar: Beton ist billig und Kies und Sand als Ballast noch billiger.

Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil der Mauer ist, dass sie das Atomkraftwerk auch gegen alle Aktionen vom Boden aus schützt und die Zugänglichkeit für Unbefugte erschwert.

 

 

 

 

1.3                             Notfall-System zur Druckentlastung des Primärkreises bei Schweren Störfällen zur Verhinderung des Versagens auf dem Hochdruckpfad

 

Beim Störfall in Three Mile Island 1979 hat die Bedienungsmannschaft eine Zeitlang verzweifelt versucht, den Primärdruck soweit abzusenken, dass der Ansprechdruck der Akkumulatoren erreicht wird und die Akkumulatoren Wasser in den Kern einspeisen. Das hat aber nicht funktioniert, weil das Abblaseventil auf dem Druckhalter dafür zu klein ausgelegt war. Als Konsequenz ist es jetzt Standard, dass in Druckwasser-Reaktoren drei Abblaseventile mit ausreichender Kapazität installiert sind.

Diese drei Ventile haben sowohl betriebliche Funktionen als auch Sicherheitsfunktionen, also eine Verletzung der Sicherheitsphilosophie der konsequenten Trennung dieser Funktionen mit entsprechender Reduzierung der Zuverlässigkeit.

Die zuverlässige Druckentlastung des Primärkreises hat eine überragende Bedeutung für die Bewältigung von Schweren Störfällen und die Begrenzung möglicher Folgen.

Es ist für die meisten Nuklearexperten und selbst für Experten für Schwere Störfälle schwer zu verstehen, warum die Vermeidung dieses "Versagens auf dem Hochdruckpfad" so wichtig ist. Deshalb wird das Problem hier etwas ausführlicher diskutiert:

Wenn die Schmelze sich in die untere Kugelkalotte verlagert hat, bildet sie dort einen Schmelzesee mit einer Berandung aus festem wieder erstarrten Kernmaterial. In diesem Schmelzesee findet eine konvektive Strömung statt: Heiße Fluidanteile steigen auf und kalte Fluidanteile sinken ab. Dabei ergibt sich eine merkwürdige Wärmeverteilung, die das Bild darstellt. Es zeigt ein Experiment mit konvektiver Schmelze in einem Modell-Druckgefäß, in dem Moment, wo sich ein Riss bildet und die Schmelze herausspritzt.

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An den Farben erkennt man die Temperatur der Behälterwand. Der Behälter ist nicht unten am Südpol am heißesten sondern am oberen Rand der Schmelze. Es bildet sich also ein heißer Ring um den Behälter herum am oberen Rand der Schmelze und der Behälter versagt dort, wo er am heißesten ist. 

Natürlich wurde das Experiment bei niedrigem Druck im Behälter ausgeführt. Bei hohem Druck, also über 100 bar, würde die Kugelkalotte schlagartig abreißen und der Druckbehälter wie ein Rakete nach oben wegschießen mit einer solchen Wucht, dass es physikalisch nicht ausgeschlossen werden kann, dass er das Containment durchschlägt und mit dem gesamten radioaktiven Inventar davon fliegt. 

Die Fotomontage zeigt dieses Horrorszenario.

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Um dieses Szenario mit höchster Wahrscheinlichkeit auszuschließen, wird bei den neuen Druckwasser-Reaktoren wie dem EPR in Finnland ein zusätzliches von den übrigen Sicherheitssystem getrenntes großes Abblaseventil eingebaut, dessen einzige Funktion es ist, im Schweren Störfall den Druck im Primärkreis abzusenken und den Schweren Störfall in den sogenannten "Niederdruckpfad" zu überführen.

Es ist technisch kein Problem, die vorhandenen Reaktoren entsprechend nachzurüsten, da man dieses Ventil irgendwo im Containment installieren kann, wo man Platz hat. Da dieses Ventil nur einmal geöffnet werden muss und dann offen bleiben kann, könnte man auch ein preiswertes und extrem zuverlässiges Ventil verwenden, das durch eine Sprengladung geöffnet wird ("squib valve"), wie es im AP1000 geplant ist.   

 

 

1.4                              Ertüchtigung der Stromversorgung durch die Notstrom-Diesel-Generatoren

 

Was bedeutet die Eigenschaft „diversitär“?

Diversitär bedeutet, dass unterschiedliche technische Lösungen für dasselbe Problem verwendet werden.

Beispiel 1: Antrieb von Pumpen. Wird die Pumpe mit einem elektrischen Motor betrieben und die zweite Pumpe mit einer Dampfturbine, dann ist der Antrieb diversitär.

Beispiel 2: Ist die erste Pumpe eine Kolbenpumpe und die zweite eine Axialpumpe, dann ist der Pumpentyp diversitär.

 

Der gleichzeitige Ausfall der Notstromdiesel-Generatoren in Fukushima trug wesentlich zum katastrophalen Ausmaß des Störfalls bei. Hätten die Notstromdiesel bestimmungsgemäß funktioniert, hätte es der Störfall nicht einmal in die Abendnachrichten geschafft. Aber alle Notstromdiesel waren so gebaut, dass ein einziges Ereignis zum Versagen von allen Notstromdieseln führte. 

Auch die Notstromdiesel in deutschen Anlagen zeichnen sich durch einen Mangel an Diversität aus, d.h. vier baugleiche Systeme befinden sich in einem einzigen Gebäude in vier Gebäudescheiben nebeneinander und sind damit anfällig für Ausfall aus gemeinsamer Ursache (CMF = Common Mode Failure). Man fragt sich immer wieder, was sich die Designer der Anlage dabei nur gedacht haben.

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Dies ist aus Sicht der Reaktorsicherheit eine Schwachstelle und deshalb wurde beim EPR in Finnland Olkiluoto 3 eine bessere und zuverlässigere Lösung gewählt. Die Notstromdiesel befinden sich in zwei verschiedenen und räumlich getrennten Gebäuden links und rechts vom Reaktorgebäude und in jedem Gebäude befindet sich noch ein zusätzlicher "ultimate emergency" oder "Station-Black-Out" Dieselgenerator, der zum Einsatz kommt, wenn die vier Notstromdiesel versagen. Genaueres über diese "ultimate emergency" Notstromdiesel, Bauweise und Schaltung findet sich z.B. im HSE Sicherheitsbericht zum EPR. 

Der "ultimate emergency" Notstromdiesel ist echt diversitär: also anderes Modell, andere Wartung und mit einem eigenen "day tank" mit Dieselvorrat für einen Tag ausgestattet. Die Übernahme dieses Konzeptes wäre eine Option. 

Eine Alternative zur Nachrüstung mit diesen "ultimate emergency" Notstromdieseln ist die Option, zwei der vorhandenen vier Notstromdiesel durch zwei echt diversitäre Notstromdiesel zu ersetzten: also in einem neuen Gebäude auf der anderen Seite des Reaktorgebäudes, andere Bausweise des Systems, andere Notstromgeneratoren von einem anderen Hersteller, anderes Wartungs-Schema ausgeführt durch eine andere Mannschaft und eigener separater Dieseltank mit Dieselkraftstoff von einem anderen Lieferanten: also alles anders, so dass die Wahrscheinlichkeit eines Versagens aus gemeinsamer Ursache (CMF = Common Mode Failure) sehr unwahrscheinlich wird. 

Aus Sicht der Reaktorsicherheit ist es ausreichend, wenn je zwei Notstromdiesel diversitär und separiert sind, sich also im Design, in den Komponenten, im Dieselkraftstoff, in der Wartung und der Leittechnik unterscheiden und in zwei auseinander liegenden Gebäuden untergebracht sind. Es müssen nicht unbedingt vier diversitäre Notstromdiesel sein.

 

 

11.5                              Autarkes Notfall-System zur Kern- und Containmentkühlung bei Schweren Störfällen

 

Es gab einmal eine Zeit, da hielt man es nicht für erforderlich, dass ein Schiff ausreichend Rettungsboote mitführte, da man der Ansicht war, dass der unwahrscheinliche Fall eines Schiffsuntergangs so unwahrscheinlich sei, dass man dafür keine Vorsorge treffen muss. 

Heute weiß man es besser. 

Es gab einmal eine Zeit, da hielt man es nicht für erforderlich, dass ein Atomkraftwerk über Sicherheitssysteme für Schwere Störfälle verfügt, da man der Ansicht war, dass der unwahrscheinliche Fall eines Schweren Störfalls so unwahrscheinlich sei, dass man dafür keine Vorsorge treffen muss. 

Heute weiß man es besser. 

Schiffuntergang und Schwerer Störfall haben vieles gemeinsam: Wüsste man in Voraus, warum das Schiff untergehen wird, dann würde man für dieses Szenario Vorkehrungen treffen. Für alle denkbaren Szenarien hat man deshalb Vorkehrungen getroffen und falls die Sicherheitsvorkehrungen nicht reichen, dann rettet man sich mit dem Rettungsboot. 

Dasselbe gilt für ein Kernkraftwerk. Wüsste man im Voraus, warum es zu einem Schweren Störfall kommt, dann würde man für dieses Szenario Vorkehrungen treffen. Für alle denkbaren Szenarien hat man deshalb Vorkehrungen getroffen und falls die Sicherheitsvorkehrungen nicht reichen, dann ist der Unterschied zum Schiffuntergang, dass man keinen Plan B hat. 

Sollte man aber haben. 

Plan B sollte sein, dass man das KKW mit einem "Rettungsboot" nachrüstet, also mit einem Sicherheitssystem, das völlig autark und unabhängig von den Sicherheitssystemen des KKW und ausschließlich dem Zweck dient, das Schlimmste zu verhindern, wenn alle Sicherheitssysteme versagen.

Dazu benötigt man ein autarkes und völlig eigenständiges Kern- und Containment-Kühlsystem. Für solche Systeme existieren zahlreiche Vorschläge, die Nachrüstung ist bislang an dem fehlenden Zwang von Seiten der Genehmigungsbehörde gescheitert. 

Sollte es aber nicht. 

Es ist nicht möglich, alle Vorschläge hier in allen wesentlichen Details zu präsentieren, deshalb werden hier nur die Grundideen von zwei Vorschlägen vorgestellt: ein System, das auf aktiven Komponenten beruht, und ein System, das im Wesentlichen ohne externe Kräfte auskommt und Gravitation und Kondensation zum Funktionieren ausnutzt. 

Im Folgenden wird nur das Grundprinzip der Kühlung erläutert, andere wichtige Aspekte werden nur angedeutet, wie z.B. dass ein Notfall-System zur Druckentlastung des Primärkreises bei Schweren Störfällen existiert und aktiviert wurde und dass entweder ein Core-Catcher installiert ist oder die Reaktorgrube aktiv oder passiv mit Kühlwasser geflutet wird. 

Das aktive System 

Das Bild zeigt das Grundprinzip des aktiven Systems.

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Der Grundgedanke des aktiven Systems ist es, Wasser aus der Reaktorgrube abzuziehen, zu kühlen und einen Teil des Wassers in das Reaktordruckgefäß einzuspeisen und den anderen Teil in das Containment zu sprühen. Das Containmentsprühsystem sprüht kalte Wassertropfen ins Containment und kondensiert so den Dampf in der Containment-Atmosphäre. Es regnet also regelrecht im Containment und der Niederschlag sammelt sich in der Reaktorgrube. Die erforderliche Pumpleistung kommt entweder aus der externen Stromversorgung oder aus einem mobilen Aggregat. Die Kühlung erfolgt über einen Wärmetauscher, der von außen mit Kühlwasser versorgt wird, entweder aus einem Tank oder aus einem Tankwagen. Irgendwann braucht man neues externes Kühlwasser. 

Dieses System ist getrennt von allen anderen Systemen und kann relativ klein ausgeführt werden, da seine Aufgabe nicht die Verhinderung sondern nur die Begrenzung des Ausmaßes einer Kernschmelze und insbesondere die Verteidigung des Containments als letzte Verteidigungslinie zwischen Radioaktivität und Umwelt ist. 

Das passive System 

Ein vergleichbares System ohne den Einsatz von elektrischer Energie im Dauerbetrieb ist komplexer. Das Bild zeigt das Grundprinzip des passiven Systems.

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Außerhalb des Containments und gut zugänglich wird ein großer Vorratstank mit kaltem Wasser so installiert, da aufgrund der Höhenunterschiede das Kühlwasser zu einem Wärmetauscher innerhalb des Containments fließt. Dort wird die heiße Containmentatmosphäre aus Dampf und Luft gekühlt. Der Dampf kondensiert und regnet in eine Art Swimmingpool ab, der üblicherweise mit IRWST (In-Containment Residual Water Storage Tank) bezeichnet wird. Das Wasser aus diesem Tank fließt dann aufgrund der Schwerkraft über eine Einspeiseleitung in das Reaktordruckgefäß und kühlt den Kern. 

Das weitere ist wie üblich: Der Dampf aus dem Reaktordruckgefäß wird über das Notfall-System zur Druckentlastung des Primärkreises bei Schweren Störfällen ins Containment abgeblasen und gelangt so wieder zum Wärmetauscher, wo er wieder zu Wasser wird. 

Begrenzend für diesen Prozess ist der externe Wasservorrat, den man irgendwann auffüllen muss. 

Auch hier gilt wieder: 

Dieses System ist getrennt von allen anderen Systemen und kann relativ klein ausgeführt werden, da seine Aufgabe nicht die Verhinderung sondern nur die Begrenzung des Ausmaßes einer Kernschmelze und insbesondere die Verteidigung des Containments als letzte Verteidigungslinie zwischen Radioaktivität und Umwelt ist.

 

 

11.6                             Analoge Leittechnik für die Steuerung der Anlage bei Befall mit einem Computer-Virus und bei Schweren Störfällen 

Die Einführung der digitalen Leittechnik verbessert die Sicherheit der vorhandenen KKWs erheblich, deshalb ist grundsätzlich die Einführung der digitalen Leittechnik auf der Basis von TELEPERM zu begrüßen. Es bleiben jedoch in zwei Punkten grundsätzliche Bedenken: 

1)   Durch die Probleme mit dem STUXNET-Virus in Nuklearanlagen mit einer digitalen Leittechnik ist es offensichtlich, dass es nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Leittechnik durch Befall mit einem Computervirus ganz ausfallen kann oder nicht bestimmungsgemäß arbeitet. 

Um zumindest die Grundfunktionen zu gewährleisten, ist eine zusätzliche analoge Basis-Leittechnik erforderlich, die es ermöglicht, nach Abschalten der von einem Virus befallenen digitalen Leittechnik die Anlage in einen sicheren Zustand zu überführen, also die Funktionen" Reaktor abschalten" und "Nachkühlung einschalten". 

2)   Die digitale Leittechnik kann nur mit Situationen umgehen, für die sie programmiert wurde. Es ist das charakteristische Merkmal eines Schweren Störfalls, dass Situationen auftreten, die so nicht vorhergesehen worden sind und für die deshalb die Leittechnik nicht entwickelt wurde. Es ist sogar nicht auszuschließen, dass ein Schwerer Störfall durch einen Common Mode Failure (CMF, Ausfall aus gemeinsamer Ursache) der digitalen Leittechnik ausgelöst werden kann. Deshalb ist es erforderlich für Schwere Störfälle eine eigene autarke analoge auf fester Verdrahtung basierende Leittechnik in Form einer dezidierten Schwere-Störfall-Leittechnik zu installieren, die die im Schweren Störfall benötigten Basisfunktionen bereitstellt. 

Als Konsequenz aus dem Konzept des autarken "Rettungsboots" sollte diese spezielle Leittechnik völlig getrennt von der übrigen Leittechnik sein und auch über ein eigenes Panel auf der Notstandswarte verfügen.

 

 

11.7                              Vorbereitung von externen Notfall-Maßnahmen bei Schweren Störfällen beim Betreiber

 

Jedes größere Werk hat seine eigene Werksfeuerwehr, obwohl man davon ausgehen kann, dass die Werksleitung alles unternimmt, um größere Brände zu vermeiden, und Brände, die nicht mit einfachen Mitteln sofort vor Ort gelöscht werden können, sehr seltene Ereignisse sind. Trotzdem werden zusätzlich zu allen Vorkehrungen zur Brandvermeidung erhebliche Mittel in das Personal und die Ausrüstung der Werksfeuerwehr investiert. 

Ähnlich wie große Brände sind auch Schwere Störfälle sehr seltene Ereignisse, nur hier werden die notwendigen Mittel für ihre Bekämpfung nicht investiert. 

Es muss anerkannt werden, dass die Betreiber in den letzten Jahrzehnte mehrere Maßnahmen zur Abwehr und Bekämpfung von Schweren Störfällen eingeführt haben, Stichwort: Wallmann-Ventil oder SAMGs (Severe Accident Mangement Guides), sowie auch mobiles Geräts wie Generatoren und Pumpen und die Installation von Anschlüssen für mobile Geräte an vorhandene Systeme

Aber es fehlt ein integriertes Gesamt-Konzept, in dem eine speziell ausgebildete und trainierte „Schwere-Störfall-Gruppe“ mit eigenem Gerät vergleichbar der Werksfeuerwehr die Notfall-Maßnahmen im Schweren Störfall plant, entscheidet und durchführt. 

Nur eine Gruppe von echten Spezialisten, die mit der Anlage und dem Verhalten der Anlagensysteme im Störfall vertraut ist und auch über die notwendigen Geräte und Ressourcen verfügt, kann optimal die Notfall-Maßnahmen durchführen und den Schaden wirkungsvoll begrenzen. 

Da Schwere Störfälle sich dadurch auszeichnen, dass sie sich aus einem unerwarteten Störfallszenario heraus entwickeln, erfordern sie nicht nur Personal und Gerät sondern auch eine gewisse Kreativität bei dem Einsatz der vorhandenen Ressourcen, und die Bereitschaft, ungewöhnliche Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Solche Kreativität und Entscheidungsbereitschaft ist genau das Gegenteil von den Eigenschaften, die man von der Betriebsmannschaft erwartet: Monotonie-Resistenz und pingeliges Befolgen der Vorschriften. 

Das jetzige Konzept, dass die Mannschaft, deren Aufgabe der Betrieb der Anlage innerhalb der Sicherheitsbegrenzungen und die Wartung der Anlage ist, auch im Schweren Störfall zuständig ist, ist vergleichbar dem Einsatz von Ersthelfer statt Rettungssanitätern und Brandhelfern statt Berufsfeuerwehrleuten. 

Die unzureichenden Notfall-Maßnahmen in Fukushima untersteichen die Bedeutung der Forderung nach Spezialisten mit geeignetem Gerät, die in einem Schweren Störfall sofort wissen, welche ersten Maßnahmen zu ergreifen sind und über die notwendigen Ressourcen verfügen. 

 

11.8                              Schaffung eines Interventionsteam für Schwere Störfälle

 

Für Schiffe, die durch schwierige Gewässer steuern oder besonders gefährliche Ladung führen, fordert der Gesetzgeber, dass ein Lotse an Bord ist. Da im Fall eines schweren Schiffsunglücks nicht nur dass Schiff sondern auch die Umgebung betroffen ist und in der Regel der Steuerzahler für die Schadensbeseitigung aufkommen muss, hat der Gesetzgeber diese Regelung eingeführt. Der Lotse berät aufgrund seiner hohen Sachkenntnis die Mannschaft beim Steuern durch das gefahrengeneigte Gewässer. Er ist staatlich geprüft und bei einer Körperschaft öffentlichen Rechts angestellt. 

Für Kernkraftwerke, die in einen Schweren Störfall laufen, gibt es keine vergleichbare Regelung. Nur auf sich gestellt, kann der Betreiber vor sich hin wurschtelt, so geschehen in Fukushima. 

Genauso wie Schiffe in schwierigen Gewässer benötigt ein Kernkraftwerk, das in einen Schweren Störfall läuft, einen "Lotsen" an Bord, der aufgrund seiner hohen Sachkenntnis und seines Überblick über das Anlagenverhalten im Schweren Störfall dem Betreiber beratend zur Seite steht. 

Deshalb muss eine Körperschaft öffentlichen Rechts geschaffen, ein "Schwere-Störfall-Interventionsteam", das mit qualifizierten Sachverständigen besetzt ist. Das Interventionsteam braucht eine Zentrale mit ständigem Bereitschaftsdienst, die den Störfallablauf analysiert und Notfall-Maßnahmen empfiehlt. Gleichzeitig gibt es auch abrufbereite Kontaktpersonen für jedes Atomkraftwerk, die bei Bedarf den Informationsfluss zwischen der Warte des Kraftwerks und dem Interventionsteam herstellen. 

Der Gesetzgeber und die Betreiber haben bislang nicht die Lektionen aus den Schweren Störfällen von Three Mile Island und Tchernobyl gelernt. Dank ihres - für den Betreib ausreichenden - aber im Schweren Störfall unzureichenden Wissens haben die Operateure die Störfallsituation verschärft: Die Mannschaft in Three Mile Island war zu sehr darauf fixiert, dass der Druckhalter nicht mit Wasser vollaufen durfte, und den Operateuren in Tchernobyl war es nicht klar, dass sie den Reaktor in einem Teillastbereich betrieben, in dem ein positiver Void-Koeffizient vorlag. 

Der Gesetzgeber erwartet hier von der Mannschaft Dinge, die sie nicht leisten kann. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die erforderliche Beratung bereitzustellen - letztlich auch um Schaden von der Bevölkerung abzuwenden. Denn es ist ja völlig klar: die Kosten eines Schweren Störfalls trägt der Steuerzahler.   

Ein klares Wort zu den Sicherheitsstandards für Kernkraftwerke in Deutschland.

In Deutschland sollte der Sicherheitsstandard von Kernkraftwerken nicht niedriger sein als z.B. in Bulgarien. Dort schreibt das Regelwerk "Regulation on Ensuring the Safety of Nuclear Power Plants" in § 40(2) vor:

Art. 40. (2) (amended SG No. 46/2007 and SG No. 53/2008) At least one emergency control centre shall be provided in the design, supplied with devices and systems for communication with the main and supplementary control rooms, as well as with the local municipal authorities and with the authorities of the executive power competent for emergency response – the Nuclear Regulatory Agency and the Ministry of Emergency Situations. The centre shall receive information on unit’s status during the phases of accident progression and on the radiological conditions at the NPP site and its surroundings.

Ein klares Wort zur Qualifizierung der „Experten“.

Um in Deutschland Arzt, Rechtanwalt, Steuerberater oder auch nur Tagesmutter werden, muss man sich dafür durch ein Studium oder eine aufwendige Schulung qualifizieren und ein oder mehrere Prüfungen ablegen.

Solche Anforderungen gibt es bei Experten für nukleare Sicherheit nicht, weder benötigt man ein Studium noch ein Prüfung. Es genügt, wenn man bei einer einschlägigen Organisation eingestellt wird oder von den Medien für einen Experten gehalten wird.

Was dabei heraus kommt, kann man in Fukushima besichtigen.

Deutschland hat für alle gefährlichen Techniken Bundesanstalten, wie z.B. die Bundesanstalt für Luft- und Raumfahrt. aber bislang keine Bundesanstalt für Reaktorsicherheit und auch keine staatlich geregelte Ausbildung zum Nuklearexperten.

 

 

 

11.9                             Aktive Vorbereitung auf großräumiger Evakuierung mit Plänen auch für ausreichenden Auffanglager

 

Ein der Lehren aus Fukushima ist, dass man sich nicht nur auf die Sicherheitssysteme zur Vermeidung von Schweren Störfällen verlassen sollte, sondern ergänzend dazu auch schadensbegrenzende Notfallmaßnahmen vorbereiten muss, also konkrete Pläne zur Evakuierung der Umgebung der Kernkraftwerke bei einem Schweren Störfall. 

Dies darf nicht nur auf dem Papier durchgespielt werden, sondern es müssen auch konkret Vorbereitungen getroffen werden. Die Infrastruktur muss so organisiert werden, dass erfolgreiche Evakuierungen möglich sind, jeder betroffene Bürger ein Merkblatt mit Handlungsanweisungen für den Schweren Störfall zu Hause hat und geschult wurde, wie er sich im Ernstfall zu verhalten hat. 

Natürlich muss das Ganze ordentlich organisiert werden: Einsatzleitung, Evakuierungspläne, Evakuierungshelfer und Auffanglager, zu denen sich die von der Evakuierung Betroffenen begeben und wo sie dann versorgt werden.


 

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 Japanischer Fernsehsender NHK auf ASTRA, Kanal 787 



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Petition
Abschaffung der GEZ
Keine Zwangsfinazierung

https://www.openpetition.de/petition/online/abschaffung-der-gez-keine-zwangsfinanzierung-von-medienkonzernen