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4                                   Der Tsunami


Seitdem verheerende Weihnachts-Tsunami von 2004 ist das Phäno
men Tsunami und seine Auswirkungen den meisten Menschen geläufig. Auslöser von Tsunamis sind Erdbeben oder riesige Erdrutsche im Meer, bei denen schlagartig der Meeresboden sich verändert und dabei das gesamte darüber befindliche Wasser in Bewegung setzt.
Dies löst eine Welle aus, an der sich das gesamte im Meer befindliche Wasser betei-ligt. Diese Welle rast mit
mehreren 100 Stundenkilometern als relativ flache Welle durch das Meer, bis sie auf Land trifft. Dort bildet sie eine Wasserwand, die das Ufer hinauf und über das Land rast, bis sie zum Stehen kommt.

Das Erdbeben löste eine solche Tsunami-Welle aus und diese traf um 15:38 auf die Anlagen Fukushima Daichi, Fukushima Daini und Onagawa. Auf alle drei Anlagen traf die Welle und überflutete das Gelände um die Reaktoren herum. Das Ergebnis war aber unterschiedlich. Die Reaktoren in Fukushima Daini waren noch am Netz und wurden mit Netzstrom versorgt. Die drei Reaktoren in Onagawa wurden von ihren Notstromdieseln versorgt, die sich in Gebäuden oben am Hang oberhalb des Tsunamis befanden. Bei beiden Anlagen kam es infolge des Tsunamis zu keiner Unterbrechung des Nachkühlbetriebs.

Ganz anders in Fukushima Daichi. Das Bild zeigt, wie die Tsunamiwelle auf die Anlage trifft. 

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Ein ähnliches Bild muss man sich auch bei den anderen Anlagen vorstellen. Der große Unterschied war, dass die Flutwelle in Fukushima sich hinter der Anlage aufstaute, wie man schön auf dem Bild mit den brodelnden Wassermassen sieht und die Kellerräume der Turbinengebäude flutete, wo sich die Notstromdiesel und die Stromverteileranlagen befanden.

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Die Notstromdiesel der Blöcke 1 bis 5 fielen sofort aus und damit auch die Nachkühlung. Nur der Notstromdiesel des Block 6 oben auf dem Hang tuckerte weiter. Da Block 5 und Block 6 zur Revision abgeschaltet waren, benötigten sie nicht soviel Strom und es gelang nach kurzer Zeit der Mannschaft vor Ort, mit einer mobilen Stromleitung den Block 5 mit Strom aus dem Notstromdiesel von Block 6 zu versorgen.

 

Damit waren bis die Blöcke 1 bis 4 alle anderen vom Tsunami betroffenen Blöcke erst einmal sicher. Die Blöcke 1 bis 4 dagegen erlebten einen Alptraum, denn innerhalb kürzester Zeit und ohne ein Versagen der Mannschaft war die komplette Sicherheitskette ausgefallen. Alle aktiven Sicherheitssysteme standen nicht mehr zur Verfügung und die Reaktoren würden in einen schweren Störfall mit Kernschmelze und massiver radioaktiver Freisetzung laufen, wenn es nicht gelingen würde, innerhalb der nächsten 8 Stunden die Stromversorgung wiederherzustellen.

 

Wie konnte es dazu kommen, dass bei dem Bau der Anlage von einer viel zu niedrigen "maximalen Tsunami-Höhe" ausgegangen wurde? Die "maximale Tsunami-Höhe" wird von Experten des Betreibers im Bauantrag ermittelt und von der Genehmigungsbehör-de akzeptiert und wird so Grundlage für die Konstruktion der Anlage.

 

Wie berechnet nun ein "Experte" die "maximale Tsunamihöhe". Ein Tsunami besteht aus drei Elementen:
1)    Das Erdbeben oder der Erdrutsch, dieser ist ein zufälliges Ereignis und kann eigentlich überhaupt nicht deterministisch vorhergesagt werden, mit einem Wort: man kennt weder die Größe noch die Ausbreitungsrichtung zuverlässig.
2)    Die Ausbreitung im offenen Meer. Dieser Teilaspekt ist völlig verstanden.
3)    Die Auswirkung des Tsunami an der Küste. Dieser Aspekt ist auch relativ gut verstanden, zumindest so gut, dass man aus der Höhe der ankom
menden Tsunami-Welle die Auswirkungen an Land abschätzen kann und auch sinnvolle Maßnahmen zum Schutz durchführen kann, wie z.B. geeignete Schutzwälle oder keine Bauten in kritischen Gebieten.

 

Das Unwissen über das mögliche auslösende Ereignis versucht man mit probabilistischen Methoden zu reduzieren. Dazu verwendet man die Methoden der Erdbebenforschung und überträgt deren Modelle auf den Tsunami. Das Problem ist nur, dass es sehr viele Erdbeben und damit eine gute Statistik zu Erdbeben gibt. Tsunamis dagegen sind vergleichsweise selten.

 

Am häufigsten treten sie in Japan auf; dort haben sich in den letzten 100 Jahren ca. 150 Tsunamis ereignet, wobei nur bei 25 Tsunamis Menschen zu Schaden kamen. Damit ist die Datenbasis viel zu dürftig, um daraus verlässliche empirische Korrelationen abzuleiten. Außerdem ist völlig unklar, wie die Verteilung aussieht und es macht einen riesigen Unterschied bei seltenen Ereignissen, ob sie normal verteilt oder logarithmisch verteilt sind, was in guten Statistik-Vorlesungen demonstriert wird.

 

Jeder kann sich leicht in Bild machen, wie windig die Tsunami-Auslegung von Atomkraftwerken ist. Im Internet findet sich eine Musteranalyse zum Atomkraftwerk Diabolo Canyon: http://peer.berkeley.edu/tsunami/wp-content/uploads/2010/09/PGE_tsunami_Apr2010.pdf

 

Die Anlage Fukushima Daichi war nach dem Tsunami-Berechnungsverfahren der japanischen Society of Civil Engineers ausgelegt, das eine maximale Tsunami-Höhe von 6 m ergab. Der Tsunami in Fukushima erreichte aber mindestens 13 m. Damit erübrigt sich jede Diskussion darüber, was von den japanischen "Experten" und ihrem Berechnungsverfahren zu halten ist.
Es ist Aufgabe der Genehmigungsbehörde, sich mit fremdem und eigenem Sachverstand eine eigene Meinung zu bilden und zu überprüfen, dass im Bauantrag von korrekten Auslegungswerten ausgegangen wird. Wenn die Behörde keine Ahnung hat, wie groß diese Werte sein müssen, z.B. weil sie keinen eigenen Sachverstand hat, um die "maximale Tsunami-Höhe" zuverlässig abzuschätzen, dann kann sie schlicht und einfach die Anlage nicht genehmigen und muss den Antragsteller zwingen, den Stand von Wissenschaft und Technik vor der Genehmigung so weit zu entwickeln, dass zuverlässige Abschätzungen möglich sind.

 


Es ist ein schwerwiegender Fehler der Genehmigungsbehörde den Reaktor zu genehmigen, ohne in der Lage zu sein, zuverlässig die "maximalen Tsunami-Höhen" abzuschätzen. (Genehmigungsfehler Nr. 1)

 

Im japanischen Interim-Report findet sich dieses Bild, das zeigt das das Wasser durch die Bodenöffnungen bzw. durch die Lüftungsöffnungen für die Luftzufuhr der Notstromdiesel, die sich in Bodennähe befinden, in die Kellerräume eingedrungen ist.

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Sollte das Bild zutreffend sein und diese Öffnungen sich tatsächlich - wie auf der Skizze dargestellt - in Bodennähe befunden haben und nicht wasserdicht verschlossen gewesen sein, dann ist das ein schwerwiegender Fehler bei der Genehmigung.

 

Selbst wenn man in der Lage ist, die Tsunami-Höhe zuverlässig abzuschätzen, ist es ein Gebot des gesunden Menschenverstandes, die Reaktorgebäude so zu bauen, dass, wenn es zu einer Überflutung des Geländes kommt - wie auch immer - nicht gleich das Wasser in die Gebäude eindringt. Mit dem Steilhang hinter den Gebäuden kann man sich auch andere Formen der Überflutung vorstellen, z.B. Platzregen, Schlammlawinen, Erdrutsche. Das wurde aber alles im Genehmigungsverfahren nicht bedacht, da man absolutes Vertrauen in die Ermittlung der "maximalen Tsunami-Höhen hatte.


Es ist ein schwerwiegender Genehmigungsfehler, dass die Gebäude im unteren Teil der Anlage nicht gegen kurzfristige Überflutung durch Wasser oder Schlamm ausreichend gesichert waren. (Genehmigungsfehler Nr.2)

 

Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Der Antragsteller kann beantragen, was er will. Es ist die Aufgabe der Genehmigungsbehörde, dafür zu sorgen, dass die Anlage "sicher" ist und dem Antragsteller die Genehmigung zu verweigern, wenn dies nicht der Fall ist. Soweit die Theorie: Im wahren Leben wird die Leitung der Genehmigungsbehörde politisch besetzt mit "Weicheiern" ohne Rückrat. Was dabei herauskommt, kann man in Fukushima besichtigen.

 

Überflutungen durch äußere Überschwemmungen oder aus internen Ursachen wie Leitungsbruch gehören zu den Störfällen, die bei der Auslegung eines Atomkraftwerkes berücksichtigt werden ( internal flooding, external flooding). Bei internen Überschwemmungen muss man abpumpen: Entweder über das interne Drainage-System oder mit mobilen Pumpen. Durch den Tsunami sind ca. 1000 m3 Meerwasser in die Kellerräume eingedrungen. Diese Wassermenge kann man mit mobilen Pumpen in 1 bis 2 Stunden abpumpen, zumal nach dem Tsunami nichts nach fließt. Da die Notstromdiesel schon eine Weile gelaufen waren, waren auch die Druckspeicher zum Neustart der Notstromdiesel wieder einsatzbereit. Nach dem Abpumpen hätte man zumindest versuchen könne, die Notstromdiesel neu zu starten. So wäre der Schwere Störfall leicht zu verhindern gewesen. Im Nachhinein ist man immer schlauer, aber in Fukushima fehlte es in dieser Situation an allem: mobilen Pumpen, auf ein solches Ereignis vorbereitete Mannschaft und eine entschlossene Führung.



 

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 Japanischer Fernsehsender NHK auf ASTRA, Kanal 787 



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Abschaffung der GEZ
Keine Zwangsfinazierung

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